Dass die zunehmende Alterung der deutschen Bevölkerung besonders für die Pflege eine immense Herausforderung darstellt, ist bekannt. Einen genauen Blick auf das Problem hat jüngst die opta data Zukunftsstiftung mit ihrer Pflegestudie geworfen. Dazu befragte die Stiftung rund 1.000 deutsche Babyboomer zu Ihren Vorstellungen zum Thema Pflege. Das Fazit: die Babyboomer sind gleichzeitig Ursache und Lösung des Problems.

Die Ausgangslage

Als „Babyboomer“ bezeichnet die Studie die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969. Die heute 53–67-Jährigen stellen mit rund 18,8 Mio. Menschen 22 % der deutschen Bevölkerung. Zum Vergleich: Die Gruppe der heute 13–27-Jährigen (Generation Z) bringt es gerade mal auf 15 %. 

Dieses Ungleichgewicht wird sich beim anstehenden Renteneintritt und dem langfristigen Übergang in die Pflegebedürftigkeit dieser Altersgruppe negativ bemerkbar machen. 

Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung, mit der auch die Zeitdauer ansteigt, in der Personen Pflegeleistungen in Anspruch nehmen. Ab einem Alter von 60 Jahren beträgt diese Spanne bei Männern durchschnittlich 21,8 Jahre, bei Frauen 25,4 Jahre. Ein zusätzlicher Faktor, der die Pflegesituation verschärft.

Jetzt schon zu wenige Pflegekräfte

Dabei gibt es jetzt schon zu wenige Pflegekräfte, die sich um die derzeit rund 4,1 Mio. Pflegebedürftigen kümmern können. Christina Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats beziffert die Zahl der derzeit fehlenden Fachkräfte in der Branche auf rund 200.000. Bis 2030 prognostiziert sie sogar 500.000 unbesetzte Stellen.

Zwar steigt die Anzahl der neu begonnenen Ausbildungen in der Pflege, gleichzeitig wird aber auch die Zahl der Pflegebedürftigen immer höher.

Klar ist: Lösungen müssen her. Mit diesen Prognosen ist ein „Weiter so“ nicht möglich, wenn auch in Zukunft allen Pflegebedürftigen ein Altern in Würde ermöglicht werden soll. 

Kein wirkliches Problembewusstsein vorhanden

Umso erstaunlicher ist es, dass 79 % der befragten Personen angaben, den Staat in der Verantwortung für die eigene Pflege und deren Kosten zu sehen. Genauso viele gaben zudem an, sich bisher nicht mit der Planung ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit beschäftigt zu haben.

Gleichzeitig wollen 85 % nicht von den eigenen Angehörigen gepflegt werden. Vor dem Hintergrund der jetzt schon angespannten Pflegesituation scheint sich hier ein Konflikt anzubahnen, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.

Offenheit für neue Konzepte ist da

Dagegen ist bereits heute eine Offenheit für neue Pflegekonzepte vorhanden, mit denen die Personalengpässe angegangen werden könnten.

Dazu gehören beispielsweise Pflegeapartments mit jeweils 60 bis 80 Wohneinheiten. Solange der Eigentümer nicht pflegebedürftig ist, werden die monatlich anfallenden Kosten zum Großteil von den Mieteinnahmen gedeckt. Bei Eintritt in die Pflegebedürftigkeit erhält der Eigentümer das nächste freie Apartment und kann die Pflegeleistungen selbst in Anspruch nehmen.

Eine weitere Alternative stellen Pflegeroboter dar. Mit ihnen gewinnt man freundliche, teils annähernd menschlich aussehende Hilfskräfte, die einfache Aufgaben übernehmen. Das kann etwa die Essens- und Medikamentenverteilung sein.

Bei Studenten bewährt, in der Altenpflege bisher wenig berücksichtigt sind Pflege-WGs. In den Wohngemeinschaften wohnen acht bis zehn Personen miteinander, die sich gegenseitig im Alltag unterstützen. Nimmt die Pflegebedürftigkeit zu oder erfordert es der medizinische Bedarf, steht eine Pflegefachkraft zur Verfügung. Dadurch reduziert sich der Personalaufwand und die Miete ist durch das Pflegegeld für alle Bewohner reduziert.

Fazit: Das Mindset macht’s

Die Konzepte sind also da, gleichzeitig wird durch die generalisierte Pflegeausbildung eine Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufs angestrebt. Dennoch hängt der Erfolg der Pflegeversorgung in Deutschland nach der Studie maßgeblich von der Einstellung der Boomer ab. Sie sind laut Studienleiter Prof. Dr. Thomas Druyen „die Schlüsselgeneration für ein neues Lebenspflege-Mindset und die Brücke zur Jugend.“ Dazu gehört vor allem, die bisher verdrängende Haltung zur eigenen Pflegesituation zu überdenken.

Die gesamte Studie finden Sie unter optadata-zukunfts-stiftung.de.

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    Andreas Nau

    Über den Autor

    Andreas Nau

    Andreas Nau ist einer der beiden Geschäftsführer und Mitbegründer der easySoft. GmbH. Als Vortragsredner inspiriert er Bildungsverantwortliche und berichtet in seinem Buch „WERTvoll in die Zukunft“ von seinen Erfahrungen als Unternehmer. Er ist fest davon überzeugt: Bildung ist der Schlüssel, der die Zukunft aufschließt.

    Wer wir sind

    1994 entstand easySoft aus der Idee, endlose Papierlisten für die Fortbildungs­planung von Pflegekräften zu digitalisieren. Bis heute kommen viele unserer Mitarbeiter aus dem Gesundheits­wesen und bringen ihre Perspektive bei unseren Lösungen für das Bildungs­management und die Personal­entwicklung ein.

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